Lissabon/Portugal – Tarifa/Spanien
Ich bin zurück in Europa. Alles ist so … geordnet. Es gibt Regeln, an die man sich hält. Gleichzeitig gibt es zu viele Straßen, auf denen Radfahren regelwidrig ist.
Nach hochsommerlichem Wetter in Rio muss ich Klamotten heraus kramen, die ich zuletzt in Patagonien an hatte. Nachts sinkt das Thermometer auf 2°C und, viel schlimmer, dicker, feuchter Nebel kriecht mit in den Schlafsack. Auch auf europäische Preise muss ich mich einstellen. Symptomatisch: 2 Rennradfahrer auf Hightech-Karbonmaschinen stoppen, und während wir gegenseitig unsere Räder bewundern, verrät mir einer stolz: „6000,-€!“ – der Preis seines Fahrrades.
Es gibt ein kleines Motivationstief. Es fällt schwer, nach der langen, guten Zeit mit Denise allein weiter zu fahren. Nicht, dass ich damit nicht klarkommen würde, Heimweh hätte, keinen Radfahrhunger mehr, aber nach mehr als 2 Jahren Rastlosigkeit freue ich mich auf die Zeit nach der Reise, auf ein Zuhause. Dass ich die Reise adäquat zu Ende bringen und dort wieder mit dem Rad ankommen möchte, steht außer Frage. Schwierig für die Moral ist, dass ich mir noch ein paar Zusatzkilometer vorgenommen habe, statt direkt nach Berlin zu fahren.
Entlang der West- und Südküste Portugals, durch die als Reiseziel bekannte Region Algarve, geht es nach Spanien. Viele viele Störche haben hier ihre Nester gebaut. An manchen Stromleitungsabschnitten ist jeder Mast bewohnt. Ich lasse die Störche in ihrem Glauben, ein angenehmes Klimat gefunden zu haben, und radle zügig weiter Richtung Süden.
Sevilla erweist sich als sehenswerte Stadt, vollgestopft mit sehr schönen alten Gebäuden, allen voran die weltgrößte gotische Kathedrale Maria de la Sede.
Jäh gestoppt wird meine Fahrt vom Levante, einer von zwei Winden, die an der Südspitze Europas das ganze Jahr sehr kräftig wehen. Der Wind ist so stürmisch, dass ich mich nicht mehr auf dem Rad halten kann. Nach 34km beende ich die Tagesetappe. Wer hätte das bei ebener, bestens asphaltierter Straße erwartet. Ich finde einen windgeschützten Lagerplatz zwischen Bäumen, in denen der Wind einen Höllenlärm macht. Der Wind prägt diese Region stark. Er macht sie zu einem der Welt-Topspots für (Kite-)Surfer, es stehen sehr viele Windkraftanlagen hier, und er soll für eine erhöhte Selbstmordrate verantwortlich sein.
Zum Glück lässt der Wind soweit nach, dass ich am nächsten Tag Tarifa erreiche, der südlichste Festlandspunkt Europas. Links ist das Mittelmeer, rechts der Atlantik, gegenüber, nur 14km entfernt, sieht man Afrika. Dazwischen liegt die Straße von Gibraltar, deren Passage aufgrund der Wind- und Strömungsverhältnisse nicht leicht war und mit den antiken Booten afrikanischer Flüchtlinge auch heutzutage ein Wagnis ist. Schätzungsweise 2000 Menschen pro Jahr sollen dabei ums Leben kommen.
Nach 9 Tagen in Europa verlasse ich dieses schon wieder per Fähre ins marokkanische Tanger.
Tom
Fotos zu diesem Artikel: Lissabon/Portugal – Tarifa/Spanien : Fotos
One Response to “Lissabon/Portugal – Tarifa/Spanien”
1 Stefan 13 März 2009 @ 22:11
Hallo Tom!
Willkommen zurück in Europa!
Nun also ein kleiner Restsprint allein- ist ja auch nicht mehr weit nach Berlin! Während Denise sich schon wieder im feuchtkalten Berlin der Jagd nach dem täglich Brot hingibt, kannst Du also noch ein wenig radeln und kommst dann hoffentlich bei milden Temperaturen und Sonnenschein hier bei der Weltzeituhr an! Bis dahin hoffen wir noch auf einige Berichte und Fotos von der Reise quer durch Europa- von den meisten Orten hat man sicher eine Vorstellung- nun wollen wir sie in Deiner Perspektive sehen. Gute Fahrt weiterhin! Wünscht Stefan und auch Tina
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