Colonia del Sacramento/Urugay – Ciudad del Este/Paraguay

In einigen Ländern fühlt man sich von Anfang an sehr wohl, und selten trügt der Ersteindruck. Uruguay ist für uns so ein sympathisches Land. Es ist ruhig, die Menschen wirken entspannt und sind freundlich. Die Uruguayer haben im allgemeinen weniger Geld, als die Nachbarn in Argentinien. Daraus resultiert ein nostalgischer Chic. Was bei uns zu hohen Preisen im Antiquitätenhandel seht, wird hier weiterhin benutzt. Besonders fällt das im dünnen Straßenverkehr auf. Abgesehen davon, dass man noch viel zu Pferd unterwegs ist, fahren hier viele Autos, die schon etliche Jahrzehnte hinter sich haben. Allein der Rost scheint manche noch zusammen zu halten.
Dennoch ist alles ausgesprochen aufgeräumt, einfach, aber nicht heruntergekommen. In manch anderem Land fiel es uns immer schwer zu verstehen, warum Menschen ihre Umwelt nicht im Rahmen ihrer Möglichkeiten lebenswert gestalten, unabhängig eingeschränkter materieller Voraussetzungen, stattdessen in ihrem Müll hausen.
Gleichzeitig hat Uruguay aber auch einige gute öffentliche Strukturen und ist modern. Neben einem Auto von Früher, das im Schlepptau einen mit Hausrat beladenen Mopedanhänger hat, der an der Stoßstange angebunden ist, weist ein Schild darauf hin, dass auf dem zentralen Platz ein Computer-Funknetzwerk zur Verfügung steht (WLAN, das hier WiFi heißt).

Schon nach 9 Tagen verlassen wir Uruguay. Für einen Tag gibt es ein Probestück Brasilien. Sofort fällt ein großer Unterschied auf. Würden wir dort von der Mehrzahl der Autofahrer gegrüßt, gibt es hier nicht einen. Als wir auf der Landstraße irgendjemanden stoppen wollen, um den Weg zu eruieren, gelingt das lange nicht. Alle fahren einfach weiter. Angst vor einem Überfall – als ausländische Radfahrer sind wir wohl gut zu erkennen? Gibt es aber erst einmal einen Kontakt, zum Beispiel beim Einkaufen, sind die Brasilianer interessiert und freundlich wie in den meisten anderen Ländern. Auch hat sich schon beim ersten Meter in Brasilien das Land maximal herforgetan. Es gibt weder Ein- noch Ausreiseformalitäten oder Stempel. Das kommt mir entgegen, denn nach 2 Reisejahren ist mein Pass voll.

Die erneute Einreise nach Argentinien dauert wiedermal lange, ist aber problemlos, da wir den Zoll auslassen. Die mehrheitlich sehr freundlichen Argentinier scheinen ihre unangenehmen Mitmenschen so weit es geht nach außen zu setzen, an die Grenze eben, stecken sie in Zolluniformen. Die Einfuhr vieler Lebensmittel ist verboten. Mehr als Waffen, Drogen oder ähnliches, danach wird nämlich nie gefragt, fürchtet man das Einschleppen von Obstfliegen. Nach Meinung der Argentinier ist wohl deren einzige Möglichkeit der Überwindung einer Grenze, die kein natürliches Hindernis darstellt, das Reisen im Touristengepäck. Uns scheint das hier, wie auch im benachbarten Chile, wirtschaftlichem Interesse zu dienen, muss man sich doch in jedem Land von Grund auf neu versorgen. In abgelegenen Gegenden, wo die nächste Versorgungsmöglichkeit mit dem Rad ein paar Tage entfernt ist, sind wir zum Lebensmittelschmuggel gezwungen.

Wir sind im Mate-Land. Zwar ist uns dieses Aufgussgetränk schon überall in Argentinien begegnet, aber insbesondere hier im Anbaugebiet des Yerba (Mate) im Nordosten des Landes, in Uruguay, Paraguay und im Süden Brasiliens, kann man sehen, welch wichtigen Bestandteil der Alltagskultur der Tee darstellt.
Klassischer Weise wird aus der Kalebasse, ein Becher aus einem ausgehöhlten Flaschenkürbis, getrunken und durch die Bombilla, ein Trinkhalm aus Metall mit Teesieb am Ende. Das Getränk wird herumgereicht, und alle trinken an der selben Bombilla, so zu sehen auch im Fernsehen während der Talksendung. Heißes Wasser kann man sich an jeder Tankstelle in die stets mitgeführte Thermoflasche nachfüllen. Insbesondere in Uruguay können wir sehen, wie ein großer Teil der Menschen durch ihre Mateabhängigkeit, scheinbar können sie keine 5 Minuten ohne, zu Einarmigen werden. Während sie ununterbrochen in einer Hand eine Kalebasse halten, die Thermoflasche unter den Arm geklemmt, schieben sie mit dem anderen Arm ihren Einkaufswagen durch den Supermarkt, steuern ihr Auto oder trinken Mate als Sozius auf dem Motorrad.

Wo einst undurchdringlicher Dschungel war, findet man heute schwierig ein schattiges Plätzchen. Mate-, Zuckerrohr-Plantagen und Viehweiden nehmen heute diese Flächen ein. Die Bäume, die es noch gibt, fahren in Stapeln auf LKW an uns vorbei. Zahlreiche Sägewerke liegen am Weg. In der hügeligen Region Misiones, unserem letzten Abschnitt in Argentinien, gibt es dann doch noch Wälder, die einen dunkelgrünen Kontrast zur leuchtend roten Erde darstellen – rote Erde, die alles mit rotem Staub überzieht und nass einen klebrigen, zähen Matsch bildet.
Unangenehmer Weise brennt entweder die Sonne erbarmungslos, und bei Temperaturen im oberen 30°C-Bereich ist es mehr als 50°C heißer, als zwischenzeitlich in Deutschland, oder es gewittert heftig.

In Misiones besuchen wir die Ruinen der Jesuitenreduktion von San Ignacio Miní, eine Siedlung, wo einst Jesuiten-Missionare und Guarani-Indiana wirtschaftlich erfolgreich zusammenlebten. Heute wirkt diese Region ärmlicher, als der Rest des Landes. Vieler Orts sieht man einfachste Holzhütten, und vor allem scheinen am Rand der Gesellschaft die Indigenas zu leben.
Und wir besichtigen die berühmten Wasserfälle von Iguazu, „Die schönsten Wasserfälle der Welt“.

Dann verlassen wir Argentinien, wo wir insgesamt 3 Monate verbracht und dabei 20 der 23, teils sehr unterschiedliche Provinzen bereist haben. Hier wurden wir am meisten auf unserer Reise beschenkt – Einladungen zum Essen, Kuchen,
Cola, eine ganze Melone, ganze Häuser wurden uns zum Bewohnen überlassen. Zum Abschied darf sich Argentinien, dank der vielen Grenzübertritte zu den Nachbarländern, zum 13. Mal in unseren Pässen verewigen.
Mit einem Boot fahren wir über die Stelle, wo der Rio Iguazu in den Rio Parana fließt, rechts von uns liegt Brasilien, links Argentinien, vor uns Paraguay.

Tom

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25. Januar 2009 - Tom | deutsche Texte | Kommentare :: comments :: comentarios | Inhalt drucken

2 Responses to “Colonia del Sacramento/Urugay – Ciudad del Este/Paraguay”

  1. 1 Claus 6 Februar 2009 @ 4:42

    Wiedermal ein sehr schöner Bericht über den letzten Abschnitt in Südamerika, ich bin begeistert.

  2. 2 Luis 10 Dezember 2009 @ 13:48

    Hallo, schöne Berichte und Reise, gratuliere!
    Ich wollte nur anmerken, dass die Lebensmittelkontrolle an der Grenze sehr wichtig sind, da die Fruchtfliege dort nicht vorhanden ist und die Obstproduktion ernsthaft schädigen kann. Es ist wirklich nicht eine Gängelei um die Leute zum Einkauf zu zwingen. In Chile jedesmal wenn die Fruchtfliege irgendwo auftaucht (es wird ständig kontrolliert) folgen massive Einsätze mit Pestiziden. Die wirtschaftlichen Folgen eine Einschleppung wären für diese Länder enorm (es droht eine Exportsperre in den USA, glaube ich). Vielleicht könntet Ihr den Text dort ergänzen, damit es nicht einen falschen Eindruck entsteht und andere diese Massnahmen falsch einschätzen.
    Schöne Grüße,
    Luis

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