Trekking in Nepal

Gerade recht zur Rucksackwanderung knallt mir bei der Ausfahrt aus Kathmandu ein Bus an die Seite. Ich komme nicht zu Fall, alle Ausrüstung ist unbeschädigt, ich schlage mir jedoch die Schulter an, was mich hoffentlich nicht beim Rucksacktragen behindern wird.

Auf der Hauptstraße Richtung Tibet ein seltenes Treffen eines Reiseradlers. Ferran aus Andorra ist kurz vor dem Ziel seiner langen Tour von Andorra über Kashgar und Lhasa nach Kathmandu.

Ich radle bis kurz vor die nepalesich-tibetische Grenze und biege dann auf eine Seitenstraße ab, die ich bis zum Ende fahre – Jiri, Ausgangspunkt für meine Wanderung. Das Rad bleibt dort in einem Hotel zurück. Viele Höhenmeter sind bis hierher zu bewältigen. Zudem ist die Strecke länger, als auf der Karte angegeben.

Das anspruchsvolle Profil setzt sich auf der Strecke Jiri-Lukla fort. Bis über 2000 Höhenmeter gilt es täglich rauf und wieder runter zu marschieren. Am Ende der 24-tägigen Wanderung haben sich über 25000m summiert. Die Wege sind teils sehr steil und unwegsam. Der tägliche Regen, es ist Monsunzeit, lässt mich teils auf Wegen wandern, die Bäche sind. Die Blutegel freut’s.

Nach 5 Tagen erreiche ich Lukla. Das Dorf kann mit einer kurzen, spektakulären Start- und Landebahn aufwarten. Das tiefer gelegene Ende befindet sich am Abgrund. Das höhere Ende direkt im Dorfzentrum.
Das Gebiet südlich des Mt. Everest ist ein wichtiges Tourismusgebiet. Die meisten Besucher fliegen zwischen Kathmandu und Lukla. Wenige wandern eine knappe Woche von Jiri nach Lukla, schon garnicht 2 mal, wie ich, der ich ja nach Jiri zurück muss, weil mein Rad dort parkt. Dieser Abschnitt ist aber lohnend, da er weniger touristisch ist.
Es ist absolute Nebensaison, denn es ist Monsun. Viele Einrichtungen und Hütten sind geschlossen. Man wandert meist für sich. Unvorstellbar die Berichte aus der Hochsaison. Auf den schmalen Pfaden wird es dann eng, in den Hütten schlafen die Menschen im Speisesaal auf der Erde, jetzt bin ich oft der einzige Gast. In den letzten Jahren waren im hiesigen Sagarmatha Nationalpark im Juli nie mehr als ca. 200 Besucher unterwegs, zur Hochsaison waren es bis über 7500.
Das Schlechte ist, das hier nicht grundlos Stille herrscht. Durch den Monsun ist fast ständig dichte Wolkensuppe. Ich besuche Orte, von wo aus man im Frühjahr und Herbst unglaubliche Ausblicke hat auf die höchsten Berge der Welt und riesige Fels- und Eiswände. Nichts zu sehen – ein Jammer. Dennoch ist es schön, einen Eindruck von dieser Region und den hier lebenden Sherpa und Rai zu bekommen. Die Zeichen ihrer Religion sind überall präsent – Stupas, Mani-Steine, Mani-Wände, Gebetsmühlen, Gebetsfahnen.
Dazu war ich sehr gespannt, wie ich auf größere Höhe reagiere. Absolut keine Probleme. Keinerlei Symptome der Höhenkrankheit und auch meine Leistungsfähigkeit stimmt mich sehr zuversichtlich für den nächsten Radabschnitt in Tibet, wo es über 5000m hinausgeht.
Einige 5000er kann ich erklimmen. Der Höhepunkt ist der Chhukhung Tse – 5833m – meines Wissens das Höchste, was hier ohne teures permit und Eis- und Felsausrüstung geht. In Indien auf Meereshöhe gestartet, habe ich jeden Höhenmeter bis hierher aus eigener Kraft zurückgelegt – „by fair means“, wie wir Bergsteiger ;) sagen. Ich zelte eine Nacht im Basislager des Mt. Everest auf dem Khumbu Gletscher, in der ich ordentlich einschneie. Das Knacken des Eises unter meinem Zelt infolge der Temperaturschwankung beruhigt auch nicht gerade. Den Gipfel des 2nd Kala Patthar – 5595m – besteige ich an 2 Tagen hintereinander in der Hoffnung, dass die Wolken etwas aufreißen. Dann bietet er den besten Ausblick auf den Mt. Everest. Für einen kurzen Moment kann ich den Everest sehen.

Zu allen Orten hier oben führen ausschließlich Fußwege. Die komplette Versorgung übernehmen Träger. In unwegsamen Gelände schleppen sie tagelang riesige Lasten. Sehr beeindruckend. Alles wird von ihnen transportiert – ein Berg Fleisch, 20 Plastik-Stapelstühle, lebende Hühner, Stahlkonstruktionen, riesige Rollen, Rohre, … . Das Ganze barfuss, in Badelatschen oder einfachen Stoffturnschuhen für einen Lohn von ca. 41Cent pro Tag und kg. Badelatschen sind hier durchaus obligatorische Trekkingbekleidung. Ebenfalls obligatorisch ein Regenschirm statt Regenbekleidung. Auch Frauen und Kinder arbeiten als Porter, wobei es Projekte gegen diese Art Kinderarbeit gibt.

Entgegen erster Pläne kehre ich zurück nach Kathmandu. Von Jiri nach Kathmandu nehme ich den Bus. Die Strecke 2 mal zu radeln erscheint mir nicht notwendig.

Tom

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19. August 2007 - Tom | deutsche Texte | Kommentare :: comments :: comentarios | Inhalt drucken

3 Responses to “Trekking in Nepal”

  1. 1 Stefan 20 August 2007 @ 12:03

    Hallo Tom!

    Endlich im Mekka der Kletterer/ Bergsteiger angelangt- und nun nichts als Nebel? Wir waren uns natürlich sicher, daß Du zumindest ins Basislager des Mt. Everest gehen würdest- Du bist doch sicher auch die erste Schutthalde Richtung Gipfel gelaufen :)…
    Alles Gute von Stefan aus dem PEAK- Laden

  2. 2 Jost 22 September 2007 @ 1:05

    Hi Thomas,
    es ist sehr schön deine Berichte und Bilder zu lesen und zu schauen. Nepal, wer träumt nicht davon! Im übrigen finde ich es Klasse, daß du dich abseits der Touristenzeiten dort oben bewegst. Ich kann mir vorstellen, daß das sehr viel angenehmer ist. Ich folge dir weiter gerne auf deinen Wegen und wünsche dir weiterhin alle Kraft und Freude an diesem wahrhaftigen Abenteur. Danke, daß wir teilhaben dürfen.

    Herzliche Grüße aus Potsdam

  3. 3 Eveline 23 November 2007 @ 18:36

    Halihallo lieber Tom,
    wir haben uns in Äthiopien am Tana-See getroffen, Du erinnerst Dich vielleicht an den Rotel-Bus.
    Wir gratulieren Dir herzlichzu Deiner tollen Tour.
    Leider haben wir jetzt längere Zeit nicht nach Euch im www gesehen und so verpaßt wie Afrika für Euch ausgegangen ist. Mal sehen vielleicht finden wir auf einer anderen Seite noch etwas zum Thema.
    Von uns gibt es gerade ein neues Buch über unsere 9 Monate auf der Panamericana von Feuerland nach Alaska, nur halt mit dem eigenen Auto. Auch wir haben auf dieser Tour immer wieder Radfahrer getroffen und diese genauso wie Euch für die Leistung bewundert.
    Liebe Grüße Eveline Knyz und Werner Schwarz

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