Mumbai/Indien – Varshi/Indien

Zurück in Mumbai lässt sich der beim Herflug etwas verbeulte Rahmen noch am selben Abend unerwartet einfach wieder in Form bringen. So ist ein Problem aus der Welt, das mir Kopfzerbrechen über den Fortgang der Tour bereitet hat. Noch einen Tag Erledigungen in Mumbai und dann erst mal wieder auf’s Rad.
Die Fahrt aus der Stadt ist eine einzige Grußtour. Nach 42km auf bis zu 6-spurigen Straßen erreiche ich den Stadtrand.
Wurden Denise und ich als “normale Fremde” schon beobachtet, bin ich auf meinem Liegerad ständiger Magnet. Bei jedem Stop Menschenaufläufe, permanent werde ich fotografiert oder gar gefilmt. Viele führen Digitalkameras mit sich, das obligatorische Handy ist hier offenbar meist ein Fotohandy. Keinen Kilometer kann ich fahren, ohne daß Autos, Motorrikschas oder Motorräder neben mir herfahren. Oft hält man mich an. Noch lasse ich alles freundlich über mich ergehen.
Mehrere Interviewer und Fotografen waren angeblich von der Presse. Ein Zeitungsartikel über mich liegt mir immerhin vor. Eine Dame führt ein Interview mit mir und zeichnet dieses auf. Nur für ihre Freunde, aber weit gehaltvoller, als die Presseinterviews.
Den Umständen entsprechend, vor allem in Anbetracht der großen Hitze, komme ich gut voran, aber es läuft schwer. Muss mich erst mal wieder damit anfreunden, die Freuden in der Heimat in weiter Ferne zu haben. Die Inder bemühen sich zwar nach Kräften, mich abzulenken, jedoch sind die Gespräche immer die gleichen. Selbst wenn ich die Fragen nicht verstehe, weil man auf Hindi, lokalem Marathi oder in schwer verständlichem indischen Englisch mit mir redet, oder weil es immer zu laut ist, ist man sehr zufrieden, wenn die Fragen in der Reihenfolge “aus Deutschland”, “nach Nepal”, “Tom” beantwortet werden. Optionale weitere Fragen erfordern die Antworten “29 Jahre alt”, “Ingenieur” und “unverheiratet”. Dies ist, selbst wenn man sich völlig fremd ist, oft Thema, dient angeblich der sozialen Einordnung des Gegenüber als Überbleibsel aus der strengen Unterteilung der Gesellschaft in Kasten, die es aber wohl heute nicht mehr gibt.
Letztlich war ich aber durchaus auf schlimmeres eingestellt. Was ist nicht alles geschrieben über den mörderischen Straßenverkehr und die einen wahnsinnig machenden Menschen. Nach der Konditionierung in Afrika immernoch stressig, aber alles durchaus zu bewältigen. Immerhin sind die Menschen bisher zu mir ausgesprochen freundlich, auch wenn sie eine Distance vermissen lassen, was man bei uns unverschämt nennen würde, mich aber durchaus amüsiert.
Wenn immer ich in einer Stadt im Hotel übernachte, kennt mich bald scheinbar jeder. Ich sei doch der mit dem Fahrrad. Immerhin hat es mir schon zu einer Leckerei und manchem Freigetränk verholfen.
In Sachen Essen habe ich mich zunächst auf ein Schlaraffenland gefreut – vielseitig, lecker, preiswert, nahrhaft. Immer ist aber alles ziemlich scharf gewürzt, so dass es für meinen Geschmack wieder recht einheitlich wird. Immerhin gibt es überall etwas zu Essen.

Tom

Fotos zu diesem Artikel: Mumbai/Indien – Varshi/Indien : Fotos

8. Juni 2007 - Tom | deutsche Texte | Kommentare :: comments :: comentarios | Inhalt drucken

3 Responses to “Mumbai/Indien – Varshi/Indien”

  1. 1 OLIVER 11 Juni 2007 @ 1:31

    hi tom,
    back on the road – du bist ein richtiger star, so gehts den vip´s, immer die gleichen fragen, irgendwann brauchst du bodygards und am ende landest du auf einer couch und must pate für irgend so eine blöde wette sein.

    deine bilder sind wieder mal sehr beeindruckend, was macht der typ mit dem voll beladenen rad eigentlich bei gegenwind? oder bergauf? und wie hast du den vogel so genau fotografieren können? wußte gar nicht das deine reichhöhe so hoch ist. wie auch hier in brasilien – wer weis bei der kabelage am ende noch was für strom er zu zahlen hat, das find ich immer sehr verwirrend.
    Sei ganz lieb von uns dreien aus curitiba gegrüßt – gute fahrt und rückenwind!

  2. 2 Björn 11 Juni 2007 @ 14:03

    Hi Tom,

    Ich kann mir gut vorstellen, dass immer wieder die gleichen Fragen kommen. Von der positiven Seite ist es besser als im Sudan, wo die Leute mit Steinen nach euch geworfen haben. Trotzdem nervend. Ich hoffe du kommst trotz der Hitze etwas voran. Ich wuerde wahrscheinlich vor Hitze sofort umfallen. Hier ist es schon warm (26 Grad), obwohl ich extra in den Norden gereist bin um entspannt zupaddeln. das war es dann auch;-))

    Viele Gruesse aus Östersund Björn

  3. 3 Tom 14 Juni 2007 @ 14:10

    Richtigstellung:

    Im Sudan war es ausgesprochen nett, die Menschen gastfreundlich. In Aethiopien wirft man Steine auf Radfahrer.
    Bei nur 26C wuerde ich derzeit was warmes anziehen.

    Tom

Leave a Reply

  1.  
  2.  
  3.  


deutsch :: english :: español

Rubrik :: category :: categoría

Archiv :: archive :: archivo